R e n é
Von der Bremer Wohngemeinschaft "Suppentopf" ( Meeting pot ) des Lebens, der Gespräche und Ideen in der Buchtstrasse bis zum abrupten Schock durch Psychiatrie
von Günter Dannheim
Wir lernten uns kennen, als im Januar 1977 eine große Wohnung im Haus der Naturfreundejugend frei wurde. Sieben Zimmer, zentral gelegen, also 100 m von der Domsheide, in der Innenstadt, entfernt.
Sieben junge Menschen, ein Elektriker und René als Bootsbauer, beide in Ausbildung.
Dazu einige Studenten bzw Studentinnen. Zwei weitere, inklusive meiner Person waren in alternativer Beschäftigung unterwegs.
Bindung gab es zur Naturfreundejugend, die ihr Bremer Zentrum, inclusive des Büro´s im Haus in der Buchtstrasse hatten. Die Naturfreunde haben eine über 125 jährige Geschichte, die sich mit Kultur und Fragen des politischen Stiles aus Sicht arbeitender Menschen beschäftigen.
Gleichwohl waren wir als Mitbewohner der WG in Verbindung und Kontakt zu anderen politisch agierenden Gruppen. Zu der Zeit waren autonome Gruppen im Rahmen der Anti AKW Bewegung oftmals präsent. Aber auch Gedankengut Bremer undogmatischer Gruppen und Sichtweisen verschiedenster kommunistischer Gruppen erreichte uns und lösten Diskussionen, Gespräche, Standpunktsuchen aus.
René wurde Bootsbauer er lernte in der Burmester Werft in Bremen Nord. Er war Gewerkschaftsmitglied und erzählte viel, bzw. setzte sich dort mit Meinungen, Konflikten und Haltungen auseinander. Fritz Bettelhäuser [damals Betriebratsvorsitzender beim Bremer Vulkan] war ein engagierter Kollege, der ihm wohl in seiner Art ein anregender Diskussionspartner war.
Fragen von gut und gerecht bezahlter Arbeit, gut organisierter Tätigkeit in Vereinbarkeit mit grundsätzlicher Würde des Menschen beschäftigten René nicht nur, nein, er entwickelte dort Positionen. Wurde zum Jugendvertreter gewählt. Als solcher sprach er Themen an und versuchte im Kontext mit Kollegen auch Ansprüche einzufordern oder Aktionen anzuregen.
René folgte nie einem Gedankengut, welches administratives Auftreten beinhaltete. In theoretischer Form folgte er immer dem Satz Rosa Luxemburgs: die Freiheit ist auch immer die Freiheit des anders Denkenden..
In Diskussionen präsentierte er immer sachliches Wissen... oft untersetzt mit einer konstruktiven Phantasie.
Insgesamt trug er im Rahmen unserer WG prägnant dazu bei, das wir in Bezug zur Alltagswelt vieler Menschen nicht in eine extreme radikal politische Nische abdrifteten. Freigeistigkeit war stärker als die Diktatur von irgendetwas!!
Das drückte sich auch in Aktivitäten aus: Auf dem Hintergrund der Naturfreundejugend Erfahrung von Jugendfreizeiten, organisierte René eine Tjalken Segel-Freizeit/Bildungsurlaub für Bootsbau-Auszubildende. Neben dem schönen Erlebnis entwickelte sich daraus große Kollegialität unter diesen Bootshandwerkern. Organisiert traten diese dann im Betrieb auf. René wurde dann seitens der Betriebsführung als Organisator identifiziert. Er bekam bei Burmester zunehmend Schwierigkeiten. …. Sein Arbeitsleben gestaltete sich anstrengend und kompliziert, ob der Konflikte, die an ihn herangebracht wurden.
Nach menschlich verunsichernden beruflichen Situationen, vielen Gesprächen, Diskussionen --- Aushalten und Klärungen endete seine Betriebszugehörigkeit auf der Werft, in dem René mit einer Abfindung entlassen wurde..
In Verbindung mit der Abfindung entwickelte René dann eine Idee.... die auch umgesetzt wurde. Er erstand über 100 Aktien der größten Bremer Werft, dem Bremer Vulkan. Im Delegationsverfahren, in dem Aktien-Stimmrechte delegiert werden können, gingen wir mit 100 Anderen auf die Aktionärsversammlung. Fragen von Gewinnmaximierung und Arbeitsstrukturen wurden dort „angebracht“. Gesellschaftlich stießen dort sehr unterschiedliche Menschen aufeinander. Es wurden dort, dank René, Themen gesetzt, die“aus dem Rahmen fielen“. Aus dieser Episode wird deutlich, wie René es versteht Alltagsebenen / -probleme/ -fragestellungen mit konkreter Phantasie zu versehen und daraus eine Aktion entstehen zu lassen.
Dieses Spannungsfeld zwischen konkretem Alltag und Rahmen sprengenden Aktionen und Forderungen zeichnet ihn aus.
Angeregt wird dieses bei ihm durch ein, so wie ich es erlebe, bedingungsloses Streben nach Gerechtigkeit...
Im Alltag der Wohngemeinschaft nicht nur bei Szegedinger Gulasch (das kochte René) gab es einige Gelegenheiten sich mit Renés gedanklichen Haltungen und Entwicklungen zu beschäftigen.Er engagierte sich als Folge seiner Grundhaltungen intensiv für das Russell Tribunal. Dieses nachhaltig und verbindlich.
Ich schätze René auch heute noch wegen seiner Bodenhaftung und seinem Gefühl und Streben nach Freiheit, verknüpft mit konkreter Phantasie.
Ich erinnere mich im Rahmen seiner Erzählungen in der WG, das er sich eine liebevolle, schöne , soziale Welt vorstellte. Damals betonte er, dass er sooo viel Energie habe. Heutzutage fällt das auf einen „gewohnten“ Sprachduktus. Auch damals verstand ich ihn im Rahmen unserer Gemeinschaft, im Rahmen des Diskurses in dem wir uns alle befanden.
Tage später präsentierte René diese Energie laut in der Bremer Öffentlichkeit. Er vertrat dieses, verbal laut und offensiv., leider in einem Rahmen, der von Menschen und Passanten nicht akzeptiert werden konnte.
Man darf in den Bremer Wallanlagen eben nicht massiv kundtun, das man über massiv überschüssige Energie und Kraft verfügt und sich für eine positive Gesellschaft einsetzen will.
In der Folge wurde René in die Psychiatrie verbracht. Hier begann die Lebenszeit, die für ihn fürchterlich entwürdigend war.
Sein Wesen, nach Gerechtigkeit zu streben, zwischen Realität und konkreter Utopie hat das, sei es ihm gedankt, nicht geschadet.
Von der Bremer Wohngemeinschaft "Suppentopf" ( Meeting pot ) des Lebens, der Gespräche und Ideen in der Buchtstrasse bis zum abrupten Schock durch Psychiatrie
von Günter Dannheim
Wir lernten uns kennen, als im Januar 1977 eine große Wohnung im Haus der Naturfreundejugend frei wurde. Sieben Zimmer, zentral gelegen, also 100 m von der Domsheide, in der Innenstadt, entfernt.
Sieben junge Menschen, ein Elektriker und René als Bootsbauer, beide in Ausbildung.
Dazu einige Studenten bzw Studentinnen. Zwei weitere, inklusive meiner Person waren in alternativer Beschäftigung unterwegs.
Bindung gab es zur Naturfreundejugend, die ihr Bremer Zentrum, inclusive des Büro´s im Haus in der Buchtstrasse hatten. Die Naturfreunde haben eine über 125 jährige Geschichte, die sich mit Kultur und Fragen des politischen Stiles aus Sicht arbeitender Menschen beschäftigen.
Gleichwohl waren wir als Mitbewohner der WG in Verbindung und Kontakt zu anderen politisch agierenden Gruppen. Zu der Zeit waren autonome Gruppen im Rahmen der Anti AKW Bewegung oftmals präsent. Aber auch Gedankengut Bremer undogmatischer Gruppen und Sichtweisen verschiedenster kommunistischer Gruppen erreichte uns und lösten Diskussionen, Gespräche, Standpunktsuchen aus.
René wurde Bootsbauer er lernte in der Burmester Werft in Bremen Nord. Er war Gewerkschaftsmitglied und erzählte viel, bzw. setzte sich dort mit Meinungen, Konflikten und Haltungen auseinander. Fritz Bettelhäuser [damals Betriebratsvorsitzender beim Bremer Vulkan] war ein engagierter Kollege, der ihm wohl in seiner Art ein anregender Diskussionspartner war.
Fragen von gut und gerecht bezahlter Arbeit, gut organisierter Tätigkeit in Vereinbarkeit mit grundsätzlicher Würde des Menschen beschäftigten René nicht nur, nein, er entwickelte dort Positionen. Wurde zum Jugendvertreter gewählt. Als solcher sprach er Themen an und versuchte im Kontext mit Kollegen auch Ansprüche einzufordern oder Aktionen anzuregen.
René folgte nie einem Gedankengut, welches administratives Auftreten beinhaltete. In theoretischer Form folgte er immer dem Satz Rosa Luxemburgs: die Freiheit ist auch immer die Freiheit des anders Denkenden..
In Diskussionen präsentierte er immer sachliches Wissen... oft untersetzt mit einer konstruktiven Phantasie.
Insgesamt trug er im Rahmen unserer WG prägnant dazu bei, das wir in Bezug zur Alltagswelt vieler Menschen nicht in eine extreme radikal politische Nische abdrifteten. Freigeistigkeit war stärker als die Diktatur von irgendetwas!!
Das drückte sich auch in Aktivitäten aus: Auf dem Hintergrund der Naturfreundejugend Erfahrung von Jugendfreizeiten, organisierte René eine Tjalken Segel-Freizeit/Bildungsurlaub für Bootsbau-Auszubildende. Neben dem schönen Erlebnis entwickelte sich daraus große Kollegialität unter diesen Bootshandwerkern. Organisiert traten diese dann im Betrieb auf. René wurde dann seitens der Betriebsführung als Organisator identifiziert. Er bekam bei Burmester zunehmend Schwierigkeiten. …. Sein Arbeitsleben gestaltete sich anstrengend und kompliziert, ob der Konflikte, die an ihn herangebracht wurden.
Nach menschlich verunsichernden beruflichen Situationen, vielen Gesprächen, Diskussionen --- Aushalten und Klärungen endete seine Betriebszugehörigkeit auf der Werft, in dem René mit einer Abfindung entlassen wurde..
In Verbindung mit der Abfindung entwickelte René dann eine Idee.... die auch umgesetzt wurde. Er erstand über 100 Aktien der größten Bremer Werft, dem Bremer Vulkan. Im Delegationsverfahren, in dem Aktien-Stimmrechte delegiert werden können, gingen wir mit 100 Anderen auf die Aktionärsversammlung. Fragen von Gewinnmaximierung und Arbeitsstrukturen wurden dort „angebracht“. Gesellschaftlich stießen dort sehr unterschiedliche Menschen aufeinander. Es wurden dort, dank René, Themen gesetzt, die“aus dem Rahmen fielen“. Aus dieser Episode wird deutlich, wie René es versteht Alltagsebenen / -probleme/ -fragestellungen mit konkreter Phantasie zu versehen und daraus eine Aktion entstehen zu lassen.
Dieses Spannungsfeld zwischen konkretem Alltag und Rahmen sprengenden Aktionen und Forderungen zeichnet ihn aus.
Angeregt wird dieses bei ihm durch ein, so wie ich es erlebe, bedingungsloses Streben nach Gerechtigkeit...
Im Alltag der Wohngemeinschaft nicht nur bei Szegedinger Gulasch (das kochte René) gab es einige Gelegenheiten sich mit Renés gedanklichen Haltungen und Entwicklungen zu beschäftigen.Er engagierte sich als Folge seiner Grundhaltungen intensiv für das Russell Tribunal. Dieses nachhaltig und verbindlich.
Ich schätze René auch heute noch wegen seiner Bodenhaftung und seinem Gefühl und Streben nach Freiheit, verknüpft mit konkreter Phantasie.
Ich erinnere mich im Rahmen seiner Erzählungen in der WG, das er sich eine liebevolle, schöne , soziale Welt vorstellte. Damals betonte er, dass er sooo viel Energie habe. Heutzutage fällt das auf einen „gewohnten“ Sprachduktus. Auch damals verstand ich ihn im Rahmen unserer Gemeinschaft, im Rahmen des Diskurses in dem wir uns alle befanden.
Tage später präsentierte René diese Energie laut in der Bremer Öffentlichkeit. Er vertrat dieses, verbal laut und offensiv., leider in einem Rahmen, der von Menschen und Passanten nicht akzeptiert werden konnte.
Man darf in den Bremer Wallanlagen eben nicht massiv kundtun, das man über massiv überschüssige Energie und Kraft verfügt und sich für eine positive Gesellschaft einsetzen will.
In der Folge wurde René in die Psychiatrie verbracht. Hier begann die Lebenszeit, die für ihn fürchterlich entwürdigend war.
Sein Wesen, nach Gerechtigkeit zu streben, zwischen Realität und konkreter Utopie hat das, sei es ihm gedankt, nicht geschadet.