Der Gedankensegler
von Hans Heinrich Schwarzlow
Der Gedankensegler,
da sehen wir ihn nun allein in seinem Denkschiff, scheinbar ziellos lässt er sich treiben durchs Ideenmeer, leistet stoisch Widerstand den widerständigen Elementen, wirft sich entschlossen in jeden Sturm;
der Gedankensegler liebt die Gefahr, das Risiko, die Ungewissheit, gewiss, ist es doch vor allem der schwankende Boden unter seinen Füßen, der ihm besonders festen Halt verspricht.
Die meisten sagen, es ist unvernünftig.
Er fragt: was ist Vernunft?
Wir wissen es nicht!
Ist nicht manchmal das Vernünftige unvernünftig, das Unvernünftige vernünftig?
Wir wissen es nicht.
Vor langer Zeit schon,
wir wissen es nicht,
hat er den sicheren Hafen verlassen und sich auf den Weg gemacht.
Wohin?
Wir wissen es nicht.
Wird er jemals irgendwo ankommen?
Wir wissen es nicht.
Es ist doch alles nur ein Spiel, sagt er, und lächelt uns an, verschmitzt. Ein Spielen mit Sprache. Sprachspiel. Das Spielen überhaupt, das Spielerische im Lebensspiel, dies könnte man als die Maxime von meinem Freund, René Talbot bezeichnen.
Eine Maxime, die anders gesagt auch lauten könnte:
Die Realität soll utopisch, die Utopie realistisch werden.
Nach seinem bürgerlichen Beruf befragt, gibt er an, freischaffender Lebenskünstler zu sein, und erfreut sich dann diebisch an den vielen Fragezeichen in den Gesichtern der anderen.
Nun ja: Wenn man es ein bisschen ernsthafter betrachten wollte, ließe sich sagen, dass René Talbot so etwas wie ein inoffizieller Gelehrter, ein Gelehrter ohne offiziellen Lehrauftrag ist. Einer, der als Autodidakt über viele Jahre eine Menge an Wissen angehäuft hat. Dass er dabei niemals einen seriösen Abschluss an einer seriösen Universität gemacht hat, war für die Entwicklung seines orthodox unorthodoxen Denkens zweifellos förderlich gewesen. Zwingt doch im Allgemeinen der gemeine universitäre Betrieb, das Schaulaufen auf dem Campus der Eitelkeiten, vor allem kreativen Köpfen einen einengenden Konformismus auf, dem man sich zu unterwerfen hat, will man in diesem System bestehen.
Für diese Rolle hatte der geborene Nonkonformist allerdings kein Talent. René hat auch noch nie Wert gelegt auf akademische Würden; was er vor allem braucht, ist Freiheit. Freiheit von allen Fesseln, um sich ganz dem wild visionären Denken hingeben zu können.
Zugegeben: Sein gedankliche Akrobatik ist manchmal atemberaubend, nicht immer leicht nachzuvollziehen und erregt nicht selten auch Anstoß. Dennoch liefert dieses „anstößige“ Denken wichtige Impulse und eröffnet neue Sichtweisen auf Fragen sowohl in Geistes- und Naturwissenschaften als auch in der Gesellschaftspolitik.
Gerade in unserer heutigen Zeit, wo das Denken sich häufig in Alternativlosigkeiten erschöpft, braucht es solche Menschen wie René Talbot mehr denn je.
von Hans Heinrich Schwarzlow
Der Gedankensegler,
da sehen wir ihn nun allein in seinem Denkschiff, scheinbar ziellos lässt er sich treiben durchs Ideenmeer, leistet stoisch Widerstand den widerständigen Elementen, wirft sich entschlossen in jeden Sturm;
der Gedankensegler liebt die Gefahr, das Risiko, die Ungewissheit, gewiss, ist es doch vor allem der schwankende Boden unter seinen Füßen, der ihm besonders festen Halt verspricht.
Die meisten sagen, es ist unvernünftig.
Er fragt: was ist Vernunft?
Wir wissen es nicht!
Ist nicht manchmal das Vernünftige unvernünftig, das Unvernünftige vernünftig?
Wir wissen es nicht.
Vor langer Zeit schon,
wir wissen es nicht,
hat er den sicheren Hafen verlassen und sich auf den Weg gemacht.
Wohin?
Wir wissen es nicht.
Wird er jemals irgendwo ankommen?
Wir wissen es nicht.
Es ist doch alles nur ein Spiel, sagt er, und lächelt uns an, verschmitzt. Ein Spielen mit Sprache. Sprachspiel. Das Spielen überhaupt, das Spielerische im Lebensspiel, dies könnte man als die Maxime von meinem Freund, René Talbot bezeichnen.
Eine Maxime, die anders gesagt auch lauten könnte:
Die Realität soll utopisch, die Utopie realistisch werden.
Nach seinem bürgerlichen Beruf befragt, gibt er an, freischaffender Lebenskünstler zu sein, und erfreut sich dann diebisch an den vielen Fragezeichen in den Gesichtern der anderen.
Nun ja: Wenn man es ein bisschen ernsthafter betrachten wollte, ließe sich sagen, dass René Talbot so etwas wie ein inoffizieller Gelehrter, ein Gelehrter ohne offiziellen Lehrauftrag ist. Einer, der als Autodidakt über viele Jahre eine Menge an Wissen angehäuft hat. Dass er dabei niemals einen seriösen Abschluss an einer seriösen Universität gemacht hat, war für die Entwicklung seines orthodox unorthodoxen Denkens zweifellos förderlich gewesen. Zwingt doch im Allgemeinen der gemeine universitäre Betrieb, das Schaulaufen auf dem Campus der Eitelkeiten, vor allem kreativen Köpfen einen einengenden Konformismus auf, dem man sich zu unterwerfen hat, will man in diesem System bestehen.
Für diese Rolle hatte der geborene Nonkonformist allerdings kein Talent. René hat auch noch nie Wert gelegt auf akademische Würden; was er vor allem braucht, ist Freiheit. Freiheit von allen Fesseln, um sich ganz dem wild visionären Denken hingeben zu können.
Zugegeben: Sein gedankliche Akrobatik ist manchmal atemberaubend, nicht immer leicht nachzuvollziehen und erregt nicht selten auch Anstoß. Dennoch liefert dieses „anstößige“ Denken wichtige Impulse und eröffnet neue Sichtweisen auf Fragen sowohl in Geistes- und Naturwissenschaften als auch in der Gesellschaftspolitik.
Gerade in unserer heutigen Zeit, wo das Denken sich häufig in Alternativlosigkeiten erschöpft, braucht es solche Menschen wie René Talbot mehr denn je.