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ENGLISH: Report: Events about the hurricane 1995 ERNST-WERNER ARENDT Bericht über die Ereignisse auf der SY „WHITE EAGLE" vor, während und nach Durchzug des Hurrikans „LUIS" (03.09 - 14.09.1995) (Schadensbericht von Jens Cornelsen, Bilder siehe am Ende dieser Seite) Ich habe „WHITE EAGLE" am 14.07.95 in der Simpson Bay Lagune auf St.Maarten als Schiffsführer übernommen. Es sollten Überholungs- und Reparaturarbeiten insbesonders an den technischen Anlagen wie Kühlsystem, Generatoren und beiden Hauptmaschinen durchgeführt werden. Da auch in der Sommersaison, während der Hurrikanzeit, durchaus Schiffe in dieser Gegend verchartert werden, andererseits die technischen und Versorgungsmöglichkeiten gegeben sein mußten, fiel die Wahl auf St. Maarten, welches überdies einen anerkannten Hurrikanschutz in seiner o.g. Lagune bot. Den Durchzug des letzten, für die Inseln dieser Gegend außergewöhnlich starken Hurrikans „Hugo" 1989, überstanden selbst kleinere Yachten als „WHITE EAGLE" an gutem Ankergeschirr schadlos. Ein außergewöhnlich starker Hurrikan ist über dieser Insel vormalig zuletzt um 1950 gemeldet worden. In den Hurrikananalysen des amerikanischen Hurrikancenters Miami wurde für 1995 von einer eher moderaten Saison gesprochen. Die Entstehung von „LUIS" wurde schon seit seinem Wachsen zum tropischen Sturm in der Mitte des Atlantik verfolgt. Er zog zunächst sehr weit südlich auf 14° Nord bis er seine Richtung WNW änderte. Damit wurde er von uns zu weiteren Entscheidungen besonders beobachtet, wobei wesentliche Quellen die täglichen Sendungen des „Weather Channel 21" im örtlichen TV, basierend auf den Vorhersagen des amerikanischen Hurrikancenters Miami, waren. In diesem Stadium, bis 02.09.95 , wurde alles daran gesetzt die Überholungsarbeiten an der BB- Hauptmaschine ( Montage des gesamten Seewasserkühlsystems nebst Pumpe) sowie die Endarbeiten an der gerade neu installierten Motoreinheit des Generators 1 zu beenden, um das Schiff mit beiden Antriebs- und Stromversorgungseinheiten zur vollen Verfügung zu haben. Sonntag 03.09.95 Das Morgenupdate aus Miami beinhaltete am Sonntag die Vorhersage, „LUIS" würde tatsächlich die nördlichen Windward und Leeward Islands ( Antigua bis südliche Virgins) berühren können. Die mögliche Streuung seiner tatsächlichen Zugbahn ließen ein südliches, wie auch nördliches oder nordöstliches Passieren St. Maartens offen. Somit maßte mit allen Windrichtungen, bzw. auch Sprüngen gerechnet werden. Zwar war der offene Ankerplatz (https://goo.gl/maps/ogcFrX2p2LSFsrCq8) des Schiffes nicht schlecht für die Situation geeignet, jedoch befand ich die Windanlauffläche aus N und SE über der Lagune hinsichtlich der Entstehung von Wellen zu groß. Außerdem lag das Schiff inmitten einer wachsenden Zahl von nichtvertrauenswürdig verankerten Sunsail Charterbooten, mit denen wir schon vorher Ärger hatten, als einige sehr nahe ans Schiff drifteten. Nach Erfahrungsaustausch mit Yachteigenem über Hurrikan „Hugo" war der nördlich des Flughafens gelegene Teil der Lagune eine gute Ankergegend, die nördlich von der Grand Ilet und südöstlich von einem Landvorsprung geschützt wird. Da ein verankern des Schiffes mit Landleinenverstärkung nur bei eindeutig vorhersehbarer Windrichtung Sinn macht, reagierte ich sehr früh mit der Verlegung des Schiffes auf den neuen Ankerplatz (A in Skizze 1) . Ich brauche für „WHITE EAGLE" bei Ausbringen des vollen Ankergeschirrs fast eine Kabellänge Schwojkreis, und der gewählte Ort war zu diesem Zeitpunkt (09.00) noch wenig von schutzsuchenden Yachten frequentiert. Es wurden beide 300 Lbs Stockanker in ca halber Schiffslänge Abstand an je 70 m , 16 mm Kette (im Wasser) ausgebracht, bis auf 5 bis 10 m Reserve zum Rücksetzen bei eventuellen Kollisionen, also alles was das Schiff zur Verfügung hat. Die Ketten wurden mit doppelt geschorener 5cm Squareline gesichert, durch die BB und SB Bugklüse auf den Mittschiffspollern belegt. Diese 25m langen Leinen sollten genügend Reck bei Wellengang gewähren und bewiesen sich als sehr richtungsstabilisierend, um die Anker bei erhöhtem Winddruck der sonst recht start schojenden „WHITE EAGLE" zu entlasten. Wegen zwei schon nördlich vor Anker liegenden Yachten mußte das Schiff etwas näher an das südliche Ufer als in die genaue Mitte zur Grand Ilet gelegt werden. Die Anker wurden nach genügender Zeit am Nachmittag nochmals mit beiden Maschinen voll rückwärts überprüft und ein sicheres Halten festgestellt. Montag, 04.09.95 An Deck wurden die Holzbeiboote ausgeräumt und sicher verzurrt, die Gaffel wurde auf den Baum gefiert und mit Marlschlägen gelascht, Fallen wurden um die Stagen gewickelt und mit der Winde festgezogen, um ein schamfilen und schlagen zu verhindern, Lüfterdoraden außer der Maschinenraumlüfter wurden geschlossen (letztere aus der Wetterseite gedreht) , Leitblöcke wurden abgeschäkelt und das gesamte Deck aufgeklart. Unter Deck wurde übrige Maschinenteile im Motorraum unter den Salonbodenplatten gelascht, in den Kabinen alles lose Gut einschließlich der von Deck gebrachten Teile fest gestaut, die wirtschaftliche Versorgung der Besatzung auch für einige Tage nach dem Hurrikan vervollständigt und die Maschinenanlage überprüft, Seewasserfilter auf Sauberkeit gecheckt. Bis Montag nachmittag waren die Vorbereitungen auf dem Schiff abgeschlossen. Meine Crew bestand aus: First Mate , Barnaby Mills , geb. 1964 in England Painter/Deckhand, Winston Quinland, geb. 1964 in Antigua Stewardess, Nathali Thietz, geb 1966 in Deutschland Daneben Jeff und Jinny (Engländer) von der 33ft Yacht „Tuesday Girl", die beide vor dem Hurrikan Schutz suchten und auf der „WHITE EAGLE" sozusagen metereologisches Asyl bezogen. Alle wurden angewiesen persönlich wichtige Sachen wie Ausweispapiere Geld und warmes Zeug sowie Plastiktüten schnell erreichbar bereitzuhalten. Bis nach der Abendbrücke 19.00 Uhr füllte sich die Lagune mit Massen von schutzsuchenden Yachten, sowie die kleineren Berufs- und Arbeitsschiffe, die in der Umgegend und den Nachbarinseln Dienst tun. Leider war es nun nicht mehr zu vermeiden, das, einige auch nahe „WHITE EAGLE" ankerten, eine Yacht namens „NO STRINGS" verneinte nach unserem Anruf aus verständlichen Gründen Anker auf zugehen, denn es war inzwischen dunkel geworden und der Wind hatte schon Starkwindstärke : keine guten Vorraussetzungen in dem Gewirr der langen Ankerleinen zu manövrieren. 23.15 Uhr Der wachhabende Mate bemerkte die SY „REHUTAI" schnell auf uns zutreibend und nun mit ihrem Rigg in unserem Bugsprit hängend. Mit beiden Maschinen voraus schob ich sie nach BB und wir waren nach hart zurück frei von ihr. Langsam driftete sie an unserer BB Seite nach hinten, dabei mußte sie zumindest über den BB- Anker schleifen. Auch an SB voraus hatten wir nun eine Yacht „EMOYENI" (Tropic Sails), die aber in ca 10m Abstand vor uns liegen blieb, während „REHUTAI" um 23.30 schnell aufs flughafenwärte Ufer trieb und dort an einem Motorboot strandete.(Foto 1). Inzwischen hat der Wind auf gute 8-9 Bft mit sehr heftig einsetzenden Regenböen zugelegt. Wir sahen kurz darauf einige Leute mit Autos die Yacht aus dem Heck „REHUTAI"s achteraus zu ziehen. Dienstag 05.09.95 Über Nacht erreichte der Wind die Stärke voriger Böen und in der Dunkelheit und den schweren Regenböen war kaum etwas auszumachen. Auch mit dem inzwischen ausgefallenen Radar wäre auf den kurzen Distanzen im Schauergries wohl wenig anzufangen gewesen. Jedoch wurden stündlich die Squarelinetrossen an den Klüsen auf Scheuerstellen überprüft, an Deck mußte teilweise schon am Schanzkleid entlanggekrochen werden. SY"EMOYENI" befand sich immer im gleichen Abstand vor unserem Bug, doch wo waren wir? 06.00 Uhr Nach Übernahme der Wache hatte ich mit erstem Hellwerden bessere Sicht und den Eindruck von den ursprünglichem Abstand zum Ufer ( genau achteraus hatten wir das Haus und das aufgeslippte Motorboot „NO PROBLEM", in das „REHUTAI" getrieben war) etwas verloren zu haben. Ich nahm 2 Kompasspeilungen um die Drift kontrollieren zu können, eventuell hat sich der BB Anker wieder eingegraben. Die Überlegung jemanden auf SY"EMOYENI" zu bringen, um sie aus unserem Anker zu slippen, mußte ich aus zwei Gründen verwerfen: - auch wenn höchst unwahrscheinlich könnten noch Leute auf dem Boot sein, die dann durch die Strandung gefährdet worden wären. - wie sollten wir einen unserer Crew so ohne höchstes Unfallrisiko sichern, das er wohlbehalten wieder zu uns an Bord genommen werden kann ? Einige Schiffe lagen schon gestrandet und vorstellbar zerschlagen achteraus, ein Mensch war am Haus zu beobachten, der panisch gestikulierte wir sollten etwas unternehmen, offenbar in der Angst „WHITE EAGLE"s 40 m hohes Rigg würde sein Dach bei einer Strandung zerschlagen. Es begann auch auf den UKW- Kanälen verzweifelt zu werden, Schiffe trieben offensichtlich in der ganzen Lagune. 06.30 Uhr In heftigen Böen driftet „WHITE EAGLE" nun recht deutlich achteraus, es verblieben nur noch 2 Schiffslängen zum Ufer, die Peilungen brauchten nicht mehr kontrolliert werden. Wenn sich jetzt die Anker nicht noch in irgendetwas Schwerem verfingen mußte gehandelt werden, um noch genügend Raum zu haben sie kontrolliert aufzusetzen. Ankerkette zu verkürzen hat bei diesem anhaltenden Wetter keinen Sinn, sie zu lichten dürfte wegen des Zuges auf der Kette unmöglich sein. Stattdessen würde man sich selber völlig manövrierunfähig machen und schon mit halbhochgeholter Kette hilflos über Grund slippen. Ich mußte mich mit dem Gedanken vertraut machen, das Schiff längsseits an eine möglichst weichen Grund vermutenlassende Stelle zu manövrieren. Achteraus stranden hieße sicheren Verlust des Ruders, die Anker mußten bleiben , um den Bug solange wie irgendmöglich zu halten: eine Havarie des Bugsprits bedeutete mit Sicherheit den Fall des Toppmasts und damit nicht nur unermesslichen Schaden, sondern eine gravierende Gefährdung der Besatzung. Ich machte mir ein dies belegendes Bild über unsere Manövriermöglichkeiten. Mit beiden Maschinen voraus entlastete ich die Anker, jedoch war es mit der Doppelschraubenanlage ohne in Fahrt zu sein unmöglich den Bug in den Wind zu halten. Ob es überhaupt, also auch mit direkt angeströmten Ruder und diesen furiosen Winden möglich gewesen wäre, wage ich zu bezweifeln. 07.00 Uhr Um da-, Unmögliche nicht unversucht gelassen zu haben, schicke ich die drei Männer zum Bug, um zunächst die BB Sicherheitstrosse abzuschäkeln. Auch mit Motorunterstützung bereitet dies Mühe und es ruckte heftig an der Ankerwinde, wenn das Schiff den Bug drehte und der Anker wie eine Spring belastet wurde. Drei Yachten lagen vor mir, sollte es gelingen auf diesem begrenzten Raum das Heck des Schiffes durch volles einfahren in den Anker in den Wind zu bringen und zu halten, bestand vielleicht noch eine letzte Chance die Anker kontrolliert hochzubekommen und zwischen den Böen das Glück auf Befreiung von „EMOYENI" sowie erneutes Ankern zu haben. Die Anker zu slippen war die einzige Möglichkeit freizukommen, unter den gegebenen Verhältnissen allerdings würde es größten Schaden für Schiff und Besatzung durch unkontrollierte Strandung woanders, sowie die sichere Gefährdung anderer Schiffe und Besatzungen durch Kollisionen bedeuten. 08.00 Uhr In diesen Momenten konnte ich die Männer am Bug in der fliegenden Gischt und dem heftigen Regen manchmal schon nicht mehr sehen. Der Mate meldete noch die abgeschäkelte Trosse, doch reichte Motorenkraft und Sichtverhältnisse schon lange nicht mehr zum sicheren Manövrieren. Also blieb nur die ursprüngliche Überlegung, ich drehte das Schiff mit dem Heck nach NW, und zog es mit voll zurück, Ruder BB, nach Westen. 08.30 Uhr So legte sich „WHITE EAGLE" hinter der SY" REHUTAI" zunächst sehr sanft mittschiffs und längsseits des Ufers auf den Grund. Das Ruder wurde sofort BB gelascht, sollte der Wind bald auf Süd drehen , könnte das Schiff noch freikommen. Die Anker halfen eine völlige Strandung zu vermeiden. Den Meldungen auf den UKW- Kanälen zufolge hatte der Wind nun schon Hurrikanstärke erreicht. Ohne genaue Zeiten für die Winddrehung geben zu können, denn es war nur noch Gischt und über Deck und Kartenhaus schlagendes Wasser zu sehen, drehte der Wind nun langsam zurück. „WHITE EAGLE" driftete, die Anker nun als Spring wirkend, langsam voraus. Das Vorhaben eine Springleine an eine der Palmen am Ufer auszubringen mußte bis auf weiters aufgegeben werden, da die schlagenden Wellen und inzwischen angespülte Wrackteile ein zu hohes Risiko für Leben und Gesundheit des sich dazu freiwillig bereiterklärt habenden Mates darstellten. Die SY"EMOYENI" stampfte weiterhin in altem Abstand neben dem Schiff, ein letzter Hinweis, das sie in unserem Ankergeschirr war. 15.00 Uhr Inzwischen lief das überkommende Wasser und der Regen in kleinen Bächen durch Kartenhausluk und Mittschiffsniedergangschiebeluk. Neben der Treppe im Salon wurden Kochtöpfe zum sammeln aufgestellt und regelmäßig geleert, was nebenbei die Ohnmacht des hilflosen Abwartens ein wenig linderte. Ich kontrollierte alle Bilgen , auch die Achterpiek im Hilfsmaschinenraum , in die mich besonders die Besorgnis um das nun inzwischen hörbar harte und knirschende Aufsetzen der Ruderhacke trieb. Hier stand das Wasser schon über den Flurplatten. Ich lenzte es mit der Handpumpe bei geschlossener Luke , ein anderer hielt kniend im Cockpit Wache bis ich klopfte. Selbst bei geschlossener Luke saß man dort im Regen, die Generatorverkleidung und die Airconditionkompressoren waren naß. Die Salonbilge war bis zum Generator I vollgelaufen, wegen bestehender Kurzschluß- und Brandgefahr unter Bereitstellung eines Feuerlöschers, wurde der Generator 2 gestartet , um die elektrische Bilgenpumpe zu starten. Diese sprang nicht an, also wurde die Spülpumpe an der BB Hauptmaschine auf lenzen umgestellt, und die Bilde geleert. Der Schwimmschalter in der Bilge hatte sich verklemmt und mußte wieder richtig positioniert werden. Für diese Arbeiten war es unerläßlich gelaschte Maschinenteile in den Salon zu bringen und in die Bilge zu steigen. Eine Verschmutzung des Salons und der Teppiche nicht nur durch eindringendes Wasser, sondern auch mit öligen Flecken und einige Kratzer in den Holzpanelen waren in der Situation leider unumgängliche Folge, auch wenn noch schnell greifbare Schutzbeläge ausgelegt wurden (Foto 9). Das Schiff mußte ständig begangen, kontrolliert und möglichst funktionstüchtig bleiben, wobei alle wegen Verletzungsgefahr angewiesen waren (auch für plötzliche Einsätze an Deck) feste Kleidung und Schuhwerk sowie teilweise Sicherherheitsleine zu tragen. So sind auch Kratzer im Interior unvermeidbar gewesen. Ich mußte besorgt sein, daß das Schiff inzwischen doch leckgeschlagen war, und die volle Funktion der Aggregate war nicht mehr gesichert. Sollte der Wind doch noch plötzlich drehen und „WHITE EAGLE" in die Lagune zurücktreiben, so wollte ich die Chance die Frauen von Bord zu bringen bei günstiger Gelegenheit wahrnehmen. 17.00 Uhr Inzwischen trieb „WHITE EAGLE" Heck der MY"NO PROBLEM" vorbei, Schanzkleid, Reling und Wanten rissen ihre Heckplattform mit. Sie hing noch hoch im Slip als unser Heck sie passierte. Ich hielt Ausschau nach dem Steg an der BB Seite des Motorbootes mit dem Zugang zu dem festen Zementhaus, um eine sichere Ubersteigmöglichkeit zu finden. Als ich im Salon die Anweisung gab, das die Frauen in Begleitung von Jeff über den Steg ins Haus gehen sollten, waren Teile des Steges allerdings schon von dem Wasserschlag weggewaschen. So blieb „WHITE EAGLE" für alle der sicherste Ort den Hurrikan zu überstehen . Die Bilgen wurden nun halbstündlich gelenzt, das Schiff kam langsam immer mehr zur Ruhe. Eine Yacht trieb direkt in unser Heck und ihr Rigg fiel über unseren Großbaum ins Cockpit. Ein lenzen des Hilfsmaschinenraums war nun wegen erheblicher Verletzungsgefahr nicht mehr möglich. 18.00 Uhr Als wir unseren endgültigen Platz erreicht haben (Foto 2) ergab sich die erste Möglichkeit Springleinen auszubringen. Wir nahmen dies sofort war und „WHITE EAGLE"s Drift war zuende. Allerdings konnte man in dieser Zeit das Deck nur noch durch den Niedergang der Crewquarter erreichen, da das übergefallene Rigg immer noch im Cockpit hin und herschlug. Bald sackte der Mast über unserem Cockpit in die Lagune zurück (Foto 3) und auch der Hilfsmaschinenraum wurde wieder gelenzt, bis die Membran einriß. Einige Yachten trieben gegen unsere BB Seite und drifteten nach vorne an uns vorbei, bei einer konnten wir das in unseren Wanten und Ankerhalterungen verklemmte Rigg lösen. Der Wind drehte offensichtlich immer weiter links und das Wasser wurde ruhiger, sonst wäre dies kaum möglich gewesen. Nun waren auch unsere Anker so nahe an Land gezogen, das SY"EMOYENI" gegen „NO PROBLEM" schlug und versank. Hatten vorher die manchmal sehr harten Grundberührungen das Rigg erschüttert, waren es nun noch diese kollidierenden Yachten. Das Wasser in der Hauptbilge wurde weniger, eine kurzzeitige Überhitzung der BB- Maschine für die Spülpumpe, sowie des Generators 1 für die elektrische Bilgepumpe konnte nicht vermieden werden. Am nächsten Morgen hatten wir den Hurrikan mit vielleicht 10° Schlagseite , allerdings durch das abgelaufene Wasser nun hoch und trocken liegend, überstanden. Mittwoch, 06.09. Um uns herum bot sich nun das in den zurückliegenden Stunden nur schemenhaft und im Halbdunkel bis Finsteren gesehene, durch die bis zur Verzweiflung reichenden manchmal einfach hilflos paralysierten Stimmen auf den UKW-Kanälen, erahnbare Ausmaß dieser Naturkatastrophe. Eine leergefegte Bucht, in der 36 Stunden vorher noch ca 1400 Yachten schwammen, von denen nun beinahe alle zerschlagen die Strände besäumen. (Foto 5+6) In diesen letzten 24 Stunden haben auf der Lagune über 40 Menschen das Leben verloren, von den bisher nicht geborgenen zu schweigen. Herzlichen Glückwunsch an die Werft und alle Beteiligten, die mit „WHITE EAGLE" ein solch starkes Schiff gebaut haben. Ihr stählerner Rumpf und die Möglichkeit sie mit gehievtem Centerboard flachgehend zu machen, waren Vorraussetzung für die „sichere" Strandung. Ich möchte an dieser Stelle von meinem Dank an die Crew wissen lassen, die in jeder Situation Loyalität zu meinen Entscheidungen bewies und darüber hinaus mutig und initiativreich weder das Schiff noch sich selbst aufgegeben hat. In keinem Augenblick gab es Geschrei oder Hysterie an Bord, insbesonders Mate Mills bewies Umsicht und Ruhe die mir bei der Führung des Schiffes sehr große Unterstützung war. Zu unserem Glück trug auch all dies sicher dazu bei, das es von keinerlei Verletzung an Bor zu berichten gibt. Die nächsten Tage Es wurde sofort damit begonnen das Schiff in bewohnbaren Zustand zubringen. Sämtliche Seewasserfilter wurden gereinigt, sie waren mit Seegrass und Schlick fast blockiert. Die Kühlanlage wurde notdürftig wieder zum arbeiten gebracht, das elektrische Sicherungspaneel im Mittelgang repariert, und die Hauptschalttafel getrocknet, um ein Risiko von Kurzschlüssen gering zu halten. Auch der Gebrauch elektrischer Verbraucher auf ein Minimum reduziert. Der Toilettenspülwassereinlaß wurde mit einem Schlauch wieder mit Seewasser verbunden (Foto 4), um nur das wichtigste zu nennen. Soweit möglich wurden elektrische Aggregate kurz auf Funktion überprüft.(Siehe Schadensliste Elentrik) Bis zu meinem Abflug am 14.09. wurde das Schiff von der Mannschaft bewohnt und alles zur Vermeidung von weiteren Schäden getan. Dies betrifft auch eine durchgehende Anwesenheit zum Schutz vor eventuellen Plünderungen, auf die unter den gegebenen Umständen gerechnet werden mußte. Bis zum Zeitpunkt meiner Abreise befand sich die Insel in einem Ausnahmezustand, das öffentliche Leben wurde mit Militärpräsenz und Ausgangssperre geregelt. Die auch für die Einklarierung zuständige Behörde in Philipsburg lehnte es mit dem Argument der Nichtzuständigkeit ab die von mir am 11.09. vorgelegten Strandungsmeldung zu bestätigen.(Anlage) Vorläufige Schadensfeststellung Folgende Schäden, die im wesentlichen auch dem zuständigen Sachverständigen vorgelegt und von diesem mündlich bestätigt wurden, verstehe ich vorbehaltlich einer detaillierteren Besichtigung besonders hinsichtlich verborgener Schäden im Rigg und hinter den Verkleidungen unter Deck, elektrischer Fehlfunktionen von ungeprüften Aggregaten und Verbrauchern, sowie vor allem genauerer Besichtigung des Schiffes im Trockendock (Rumpf und Trockendock). 1. Deck und Rumpf - starke Beschädigung des Hecks und der SB- Außenhaut ( Foto 7) - Beschädigung der BB- Außenhaut - tiefe Kratzer im Teakdeck von überhängenden Riggteilen, besonders BB- vorne - dito tiefe Kratzer im Cockpittisch. Die Mittelplatte muß erneuert werden. - dito Kratzer im Radlack - dito verkratztes Kartenhaus und anderen Aufbauten, abgestoßene Niedergangstür - dito verkratzte Niro Deckbeschläge - dito verkratzter Lack an beiden Holzbeibooten - Ankerwinsch erlitt harten ruckartigen Zug. Getriebe und Mimik überprüfen - Bedieniingskästchen der Ankerwinsch durch Feuchtigkeit ohne Funktion - Backstaghydraulikzylinder angekratzt - Hydraulikschläuche beschädigt (BB ausgerissen von fallendem Rigg Foto 3) - Relingstützen und Durchzüge insbesonders SB zu erneuern (Foto 7) - Teak auf Schanzkleid zerbrochen oder verkratzt (Foto 7) - Ruderlager müssen ausgebaut und überprüft werden - dito Centerbord Rigg - Topmastflaggenstock heruntergerissen - Toppmastverbindungen zum Großmast zu überprüfen, da harte Grundberührungen und Bugsprit/Fliegerstag durch treibende Yacht überbelastet wurden - Verstagung des Bugsprits samt Spieren beschädigt, ebenso Betakelung - Lackschäden Bugsprit - Lederbetakelung Großbaum beschädigt - Baumstütze zeigt Zeichen von einer Verschiebung nach Stb. - Betakelung der Wanten und Backstagen beschädigt - Drähte an den oberen Backstagen beschädigt, müssen erneuert werden - ca 800 Meter laufendes Gut (Flaggleine und Fallen) durch fremdes Rigg beschädigt und zu ersetzen - BB Backstagblock (doppelt) zerbrochen - Awlgripschäden besonders an Gaffel und Baum und lackierten Winschen durch fallende Riggs - Wegen harter Ruckbewegungen durch Wellenschlag, Kollision und Grundberührungen muß das gesamte Rigg auf die ursprüngliche Festigkeit überprüft, gegebenenfalls erneuert werden. Festgestellt wurde ein loses Wasserstag und Fliegerstag, das durch die Backstagen nicht durchgesetzt werden kann. Interior - Wasserschäden besonders durch blockierte Ablaufe: - weitgehende Beschädigung der Glasfasertapeten samt Anstrich im gesamten Schiff (Foto 8a,b,c) (Crewquarter, Kabinen, Korridor, Salon, Kartenhausniedergang) - Teppich besonders im Salon und Korridor, jedoch auch im gesamten Schiffsbereich durch Bilgenschmutz (notwendige Kontrollen nach Bilgepumpenreparatur) geschädigt (Foto 9) - Kratzer und Wasserschäden bzw. Delaminierungen an großen Bereichen der Holzvertäfelungen und Türzargen und Einrichtungsteilen (Sitzgruppe Eßtisch Foto 9) - Lack besonders im Niedergangsbereich zerstört. Da auflaminiertes Holz irreparabel. - einige Bilder feucht und wellig Elektrik - Haupsicherung im Korridorsicherungskasten zerstört, Hauptschaltpanel und Verkabelung muß auf Feuchtigkeitsschäden und Funktion überprüft werden, gegebenenfalls erneuert werden. - flackernde Birnen im Kabinen/ Korridor und Salonbereich , Leitungen müssen erneuert werden - Einige Birnenfassungen feucht und defekt (Foto 10 als Beispiel) - Waschmaschine/Trockner/Icemaschine defekt, einige Anschlüsse auf Feuchtigkeit geprüft. - Grauwasserpumpe I arbeitet nicht Technische Aggregate - Aircondition muß nach freiem Kühlwassereinlass (SB) geprüft werden. Kompressoren (hermetisch) waren feucht und Wasser stand bis zum Boden. - Generator H dito auf Feuchtigkeitsschäden im Generatorteil - Generator 1 dito - Kühlschrankkompressor 2 bricht zusammen und Sicherung fliegt raus Wasserschaden an der Verkabelung und dem Sicherungskasten im Nachtgeneratorraum - Kühlschrankkompressor 1 wurde angeschlossen (Schütze erneuert) , bringt schwache Leistung (beides hermetische Kompressoren ) - Herd defekt, Sicherung springt raus Motoren - Alle Motoren (Hauptmaschinen und Generatoreinheiten) haben versandetes Kühlwasser gezogen. und müssen gereinigt werden (Incl. Ein- und Ausbau der Wärmetauscher und Impellerpumpen) Pumpengehäuse, Kamm und Impeller auf Schädigung überprüfen und ersetzen - BB- Maschine und Generator 1 mußten beim lenzen überhitzt werden (ca 100°) Besonders die Köpfe müssen mit U-Schall auf Risse überprüft werden. Instrumente - Radarantenne dreht nicht mehr - Logge zeigt falsche Werte - Windmesser und Richtungsindikator defekt - Lot im tiefen Wasser prüfen Verschiedenes - Toilettensaugseite in einigen Kabinen verstopft. gesamtes Leitungssystem reinigen, spülen oder auswechseln - Kojenmatratzen / Bezüge auf Feuchtigkeitsschäden überprüfen - Membran Achterpiekbilgenpumpe gerissen - Blockierte Schläuche der Bilgepumpe in der Vorpiek Schadensbeurteilung Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, das sich das gesamte Schiff vor dem Hurrikan in einem einwandfreien Zustand mit voll funktionstüchtigen Aggregaten befunden hat. Es entsprach in jeder Hinsicht dem Standard eines Schiffes, das Charterreisen, den seiner Preisklasse entsprechenden hohen Ansprüchen genügend, auf dem internationalen Markt durchführt. Die Reparatur und Wartung aller technischen Aggregate, besonders Kühlanlage, Hauptmaschinen und Generatoren ( mit dem dazu bekannten, hohen Ersatzteil und Arbeitskostenaufwand) war abgeschlossen. Nur die Entsalzungsanlage war noch in der Inspektion, einige elektrische Teile und Verbindungselemente sowie das Membranelement ausgebaut und fertig zum Einsetzen einer neuen Membrane. Die Funktionsfähigkeit ihrer elektrischen Elemente muß später geprüft werden. Lackierarbeiten aller Lackflächen über und unter Deck sowie teilweiser Austausch der Glasfasertapete und Innenstreicharbeiten (Korridor, Salon, Kartenhaus) waren ebenso gerade beendet. (Damals) 27804 Berne Ohr, den 30.9.1995 gez. Ernst-Werner Arendt |
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Bilder des Schadensberichts von Jens Cornelsen nach Durchzug des Hurrikans „LUIS" 1995
Fotografie: Stephan Semmerling
Fotografie: Stephan Semmerling